Lohnt sich die Ausstellung?

Ich liebe diese Frage!
Darum gibt es heute eine kleine Geschichte dazu:

Ich stehe an der Kasse, es ist 17 Uhr. Um 18 Uhr schließt das Museum. Ein Besucher tritt auf mich zu und dann kommt sie, die Frage:

„Lohnt sich das (noch)?“

1. Die Frage, ob es sich überhaupt lohnt.
2. Die Frage, ob es sich noch für eine Stunde lohnt.

Dann steht man da (in der Regel) als Kassenkraft mit einem Fragezeichen im Gesicht und überlegt krampfhaft, was man auf so eine Frage antworten soll. In meinem ersten Jahr war ich mit diesen Besuchern völlig überfordert und stammelte vor mich hin: Die Ausstellung umfasst so und so viele Objekte, ist sehenswert, das Thema kurz vorgestellt und dann den Besucher entscheiden lassen. Kann man machen, funktioniert auch, aber geht es auch anders? Ist es eigentlich das, was der Besucher als Antwort erwartet?

Eines Tages hatte ich mit meiner Lieblingskollegin Dienst (ich hatte nur Lieblingskollegen und -kolleginnen, das war das tolle!), ich stand neben ihr und wieder kam diese Frage von einem Besucher auf: „Lohnt sich das denn noch?“ Statt groß und lang Sachen zu erklären, die Ausstellung zu bewerben und viel (wertvolle) Zeit zu verlieren, sagte sie kurz und knapp: „Kunst lohnt sich immer.“ Ende. Ich staunte Bauklötze und war auf die Reaktion des Besuchers gespannt.

Der Besucher guckte sie an, dachte kurz über den Satz nach, schmunzelte und kaufte sofort ein Ticket, ging in die Ausstellung und kam hinterher glücklich raus. Ich hingegen habe diesen Satz nie vergessen können. So simpel, so schlagfertig, so wahr. (Dieser Satz fiel vor ungefähr zehn Jahren!)

Was soll man auf so eine Frage auch antworten? Und was meint der Besucher eigentlich damit? Kunst ist für mich subjektiv, absolut persönliche Geschmackssache. Ich kann eine Ausstellung gut finden, andere finden sie total blöd. Ich finde Ausstellungen oft blöd und andere finden sie total super.

Klar, der Besucher will wissen, ob ihm etwas für das Geld geboten wird. Natürlich fällt darunter vielleicht auch die Anzahl der Objekte, die Qualität, die Aufbereitung der Ausstellung, die Texte, die Zugänglichkeit, ob die Ausstellung verständlich ist, vielleicht ob Leihgaben dabei sind etc. Die Ansprüche der Besucher sind dabei so vielseitig wie es die Menschen eben sind.

Wer war also der Besucher, wo so eine schlagfertige Antwort erlaubt war/ist?
In diesem speziellen Fall handelte es sich (vermutlich) um einen gebildeten Mann, Anfang 40, mit Interesse für Kunst – vielleicht besaß er auch ein oder zwei Kunstwerke… Der Job verlangt Menschenkenntnis und Empathie. In diesem Fall kam diese kurze und knappe Antwort sehr gut an.
Stünde ein Jugendlicher vor der Kasse und würde diese Frage stellen, würde die Antwort vielleicht nicht ganz so salopp ausfallen. 😉 In dem Fall wäre man dazu angehalten, ein wenig mehr zu erklären und den Besucher vielleicht auch von einer tollen Ausstellung zu überzeugen. Damit sind wir schon beim nächsten Themenfeld: Um genau das tun zu können, zu überzeugen, müssen die Angestellten auch überzeugt sein, denn dann fällt es ihnen umso leichter, dafür Werbung zu machen. Darum ist es auch so wichtig, vor Ausstellungseröffnung die Kollegen ins Boot zu holen und eine Mitarbeiterführung anzubieten.

Mitarbeiter motivieren und Begeisterung schaffen

In meiner relativ langen Laufbahn im musealen Bereich gab es Kuratoren, wo man merkte, dass ihr ganzes Herz an ihrer Ausstellung hing. Es war dann wirklich leicht, Werbung für die Ausstellung oder für die Kuratorenführung zu machen, weil ich das Herzblut regelrecht spürte. Oft bestätigten mir Besucher genau das, sie sprachen lebhaft von Führungen, weil die Mitarbeiter begeistert und überzeugt waren.

Jedes mal, wenn ich nun die Frage höre oder lese: Lohnt sich das? Muss ich herzlich schmunzeln und an meine Kollegin denken.

JA! KUNST LOHNT IMMER!

„Feministische Avantgarde der 1970er Jahre“, lohnt es sich?
Meine Antwort lautet wie folgt:

1. Kunst lohnt immer.
2. Es ist nicht mein Thema. Mich interessiert es schlichtweg nicht.
3. Die Ausstellung ist gut umgesetzt, alles in schwarz-weiß gehalten.
4. Das Thema scheint gut aufbereitet zu sein, es gibt einen sehr umfangreichen Katalog dazu. Man kann die Objekte gut auf sich wirken lassen, kleine Zettel, die man mitnehmen kann, geben einen Überblick, über die Biografien der Künstlerinnen.
5. Ich musste in der Ausstellung schmunzeln und fand einige Sachen wirklich witzig.
Fazit: Nicht mein Thema, aber ich denke, es ist eine gute Ausstellung. Eine Empfehlung spreche ich ungern aus, weil Kunst so subjektiv ist.

Klar gibt es Ausstellung, die mich umhauen, so wie die von Olafur Eliasson, aber das liegt daran, dass es „mein“ Thema ist und ich die Kunst großartig finde. Andere sehen das mit Sicherheit anders. Das ist auch gut so! Wir können ja nicht alle den gleichen Geschmack haben.

Mein Dank geht an Kirstin für diesen wunderbaren Satz! (Ich habe damals ordnungsgemäß gefragt, ob ich Dich zitieren darf, an dieser Stelle hole ich das endlich schriftlich nach. Verbal zitiere ich Dich mindestens 1x im Monat.) 😉

Danke Rene, dass ich Dich auch zitieren durfte. Du hast zur richtigen Zeit den Input gegeben, endlich diesen Text zu schreiben.

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