Zu Besuch im Europäischen Hansemuseum

Monatelang sitze ich bereits an einem Blogpost über das Europäische Hansemuseum. Ich fange an zu schreiben, warte, lese und finde meinen Text blöd. Löschen. Neustart. Und ich begann mir Fragen zu stellen, die ich mir wie so oft nach einem Museumsbesuch selbst beantworte. Warum also nicht mal all diese Fragen, die mir durch den Kopf wandern notieren und hier beantworten? Los geht es!

Interview mit mir selbst zum Europäischen Hansemuseum:

Bist Du klüger nach Hause gegangen?
Ja.

Hat Dir der Besuch des Museums Spaß gemacht?
Ja.

Wie lang hat Dein Besuch angedauert?
Ca. 60-90 Minuten, was für meine Verhältnisse schon sehr lang ist.

Warst Du in Begleitung?
Nein. Ich war alleine und konnte mich auf die Texte konzentrieren.

Welche Medien hast Du zur Vermittlung genutzt?
Die Texttafeln zu Beginn eines jeden Themas habe ich gelesen und hin und wieder meine zwei gesonderten Themen an Medienstationen, die ich zu Beginn meiner Reise ausgewählt hatte.

Warst Du zwischendurch gelangweilt?
Nein.

Wurdest Du von einem Objekt oder einer bestimmten Inszenierung überrascht?
Ja, ich wusste nicht, dass ein altes Kloster dazu gehört. Es war wunderschön!

Hast Du dort einen Kaffee getrunken?
Nein, das Café war voll und ich wollte noch mehr von der Stadt sehen.

Gibt es einen Ausstellungskatalog?
Ja, er hat genau den richtigen Umfang mit kurzen Kapiteln.

Wie viel hat der Eintritt gekostet?
12,50 € kostet der Eintritt für Erwachsene. Da ich eine Museumskarte habe, war der Eintritt für mich freundlicherweise kostenlos.

Ist er gerechtfertigt?
Er liegt im Durchschnitt. Für die hohe Verweildauer ist er angemessen.

Haben Dich die vielen Medienstationen angesprochen?
Nein, ich lese lieber Texte auf Tafeln oder an die Wand geplottete Texte. Manchmal nutze ich auch Audioguides, aber sehr selten.

Hast Du etwas im Shop gekauft?
Ja. ? War ein Geschenk für jemanden.

Hast Du das Museum schnell gefunden?
Ja, ich habe es vom Bahnhof zu Fuß erreicht.

Würdest Du nochmal hingehen?
Jain. Ich habe die Ausstellung gesehen, das reicht mir erstmal. Wenn es eine Sonderausstellungen gibt, würde ich noch mal hingehen.

Würdest Du das Museum anderen empfehlen?
Ja. Wer sich nicht mit der Hanse auskennt, sollte auf jeden Fall das Museum besuchen.


Bildergalerie


Die längere Version

Über das Europäische Hansemuseum in Lübeck wurde bereits viel geschrieben, sowohl Positives „Hansemuseum: Ein Traum wird wahr“ (Lübecker Nachrichten, Marcus Stöcklin) als auch Negatives „Wie ein neues digital versagt“ (medium.com, Lina Timm) oder „Storytelling im Museum: Digitale Technik ist kein Vermittlungskonzept“ (musermeku.org, Angelika Schoder). Die wunderbaren Sommermonate hatte ich auch für eine kleine Tour nach Lübeck genutzt, um mir endlich dieses Museum anzusehen, welches schon ziemlich lang auf meiner Liste stand.

Umso überraschter war ich, als ich zum ersten Mal die Hallen des Europäischen Hansemuseums betrat. Den Museumsbau fand ich richtig klasse. Das Konzept und der Rundgang erinnerten mich sehr stark an das Deutsche Auswandererhaus und Klimahaus (beides in Bremerhaven), die ja auch noch relativ jung sind. Das Deutsche Auswandererhaus griff (zumindest damals) ebenfalls auf personalisierte Tickets zurück. Das Auswandererhaus und das Hansemuseum ermöglichen auf diese Art individuelle Zugänge zu bestimmten Themen.

Natürlich ist es heutzutage schwer bei der Entwicklung der Technik mitzuhalten, Museen werden jahrelang geplant, dann kommen Bauverzögerungen hinzu, archäologische Funde oder sonstige Aspekte, die einen Bau in ferne Zukunft rücken lassen und schwuppdiwupp ziehen die Jahre ins Land. Die Technik und das Konzept ändern sich in dieser Zeit selten mit, was ja auch nicht zu leisten wäre. Ich erwähne dies, weil es ein starker Kritikpunkt war, dass die Technik des Museums im Verhältnis sehr rückständig bei der Eröffnung gewesen sei. Rückblickend muss man wohl sagen, dass eine App auch keine Lösung gewesen wäre. 😉

An der Kasse erhielt ich mein Ticket und ging dann zu einem Terminal. Dort wählte ich eine Sprache, eine Hansestadt und ein Thema aus. Gesagt, getan. „Meine“ Hansestadt war natürlich Soest, einmal Westfale, immer Westfale. 😉 Als Thema wählte ich Schiffe. Über diese beiden Punkte erhielt ich während meines gesamten Rundganges immer wieder vertiefende Informationen.

Über einen Fahrstuhl kam ich in die Ausstellung, diese Art der Besucherregulierung ist bei größeren Einrichtungen durchaus sinnvoll, damit die Gänge nicht verstopfen und man noch etwas sehen kann. Das Klimahaus hat ein ähnliches Konzept. Da eine russischsprachige Gruppe vor mir in der Ausstellung war, musste ich hin und wieder warten, bis ich an eines der Terminals konnte. Aber die vielen anderen Informationstafeln reichten meines Erachtens auch vollkommen aus. Niemand kann diese Flut an Daten, Fakten und Infos verarbeiten und sich merken. Mein Zugang erfolgte also in erster Linie über die klassischen Texttafeln, diese reichten für mich und die nächsten 60-90 Minuten aus. – Ja, ich habe mich sehr bewusst für ein Medium entschieden, weil es mir ansonsten viel zu viel gewesen wäre.

Kleiner Exkurs zur Hanse
Für all diejenigen, die noch nicht so viele Berührungspunkte mit der Hanse hatten, fasse ich kurz zusammen, dass die Hanse eine Art Netzwerk im Norden Europas war. Diesen Verbund gab es etwa vom 12. bis zum 17. Jh. Es war ein Zweckverbund von Kaufleuten, man organisierte gemeinsame Schifffahrten in andere Länder, um neue Märkte zu erschließen. Da sich alles weiterentwickelt, entwickelte sich auch die Hanse weiter. Sie verlor zunehmend an Bedeutet.

Nach dem Rundgang war ich inhaltlich erschlagen – trotz meiner Selektion. Das Museum bietet jede Menge Zugänge: Hörstationen, Tafeln, Monitore etc. Es ist die große Kunst, den richtigen Zugang für sich zu finden. Ich setze selten auf die neue Technik, wenn es um Vermittlung geht. Ich muss Sachen lesen, um sie zu verstehen. Ich gehöre quasi zur alten Schule, entweder lese ich oder nehme das Angebot einer Führung an. (Klingt jetzt irgendwie alles seltsam, da ich die sozialen Netzwerke mag und sogar meine Tageszeitung als ePaper abonniert habe. ? )

Nach meinem geschichtlichen „Hanseritt“ musste ich erstmal frische Luft schnuppern, vom Dach des Museums hatte man einen wunderbaren Blick aufs Wasser. Doch damit nicht genug, ich war umso überraschter, dass es noch einen weiters Gebäude gab, das ebenfalls zum Museum gehört.

Das Burgkloster oberhalb ist Teil des Museum und sollte unbedingt besucht werden! Dort setzt sich die Ausstellung mit dem Hanselabor und dem letzten Hansetag fort. Spektakulär war der Dominikanerkonvent. Dieser historische Bau stammt aus dem 13. Jahrhundert und ist einfach wunderschön. Die Verschmelzung von alt und neu in der Architektur ist meines Erachtens geglückt, da der Neubau nicht so aufdringlich ist und unterhalb fast verschwindet.

Fazit
Ich habe mit sehr vielen Menschen über das Museum gesprochen, sowohl Museumsmenschen als auch Museumsbesucher. Die Lager sind gespalten. Ich persönlich fand die Architektur und auch die Inszenierung sehr schön. Was mir sofort aufgefallen ist, dass es dort ziemlich viele Faksimile gibt, Originale befinden sich in irgendwelchen Archiven etc. Man kann in der Ausstellung auf viele Arten viele Inhalte mitnehmen. Die Kunst ist, zu entscheiden, welcher der richtige Zugang für einen ist. Alles geht definitiv nicht, dafür ist es viel zu viel Input. Die Technik war für mich in der Ausstellung irrelevant, weil ich etwas über die Hanse erfahren wollte und das habe ich getan. Betrachte ich mich selbst nur als Besucher und nicht als Museumsmensch muss ich sagen, dass ich dort viel für mich mitgenommen habe.

Da dies nicht mein letzter Besuch in Lübeck gewesen ist, dafür ist die Stadt viel zu schön, werde ich mit Sicherheit auch noch mal wiederkommen. Vielleicht sehe ich dann einige Aspekte ganz anders. So oder so, Lübeck ist immer einen Ausflug wert! Ich mag diese Stadt!

8 Kommentare zu “Zu Besuch im Europäischen Hansemuseum

  1. Pingback: Erlebnisreise im Europäisches Hansemuseum in Lübeck

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  4. Liebe Wera,

    prima differenzierter und persönlicher Zugang zum Hansemuseum Lübeck. Das fehlte mir bislang. Es gibt nun einmal verschiedene Zugänge. Die Technik ist ein Teil und ja, da ist einiges Überaltetes dabei. Ich war nur einmal im Museum, hatte aber wegen Termine keine Zeit, mir die Technik oder die Ausstellungstexte durchzulesen. Ich konnte nur einmal durchhuschen. Die Architektur und Atmosphäre faszinierte mich ebenso und der Wunsch, mit Mini hier mal herzukommen, um zu sehen, wie sie auf das Museum reagiert reizt mich sehr.

    Ich lernte dafür einen Teil der Museumsmenschen kennen. Sehr engagiert und offen, nur ist nicht alles möglich umzusetzen, was geändert werden möchte. Aber wem schreibe ich das hier, du weißt, was ich meine. Was für mich zählt, ist die Leidenschaft, mit der Herzblutthemen angegangen werden und die ist im Hansemuseum vorhanden, von den Kuratoren, den Vermittlern, Öffentlichkeitsmitarbeitern bis hin zur Direktorin. Sie ließen sich, wie die Stiftung Historische Museen Hamburg 🙂 , mehrfach auf das Experiment von Gastbeiträgen zu Museumsblogparaden ein. Daumen hoch dafür und ja, wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann ein eigenes Blog des Museums, denn sie haben so viele spannende Geschichten zu erzählen und schreiben können sie auch. Gab da mal eine Idee …

    Gut. Veraltete Technik ist eine Sache, funktioniert sie nicht, dann wären hier Maßnahmen zu unternehmen, um das zu beheben bzw. zu ändern. Ich habe das nicht getestet, kann dazu wenig sagen und maße mir deshalb kein Urteil an. Tatsächlich bin ich in Museen, so wie du unterwegs, ohne Hilfsmittel. Vielleicht recherchiere ich mal etwas oder aber, und das liebe ich, nehme an Angeboten mit Mini teil. Hier bin ich einfach neugierig, wie sie reagiert, was sie denkt und ob die Kunst oder die Geschichte sie bewegt. Und ja, ich stifte auch gerne zu analog-digitalen Aktionen an, um den Menschen Lust auf mehr Kultur zu machen.

    Danke fürs Wiederbeleben der Erinnerungen an die Ausstellung. Und da hast nicht bei den Stoffen das fast „obligatorische“ Selfiefoto im Spiegelt gemacht tse … 😉

    Herzlich,
    Tanja

    • Haha! Das Selfiefoto habe ich tatsächlich nicht gemacht. ?

      Über dieses Museum kann man gewiss streiten und über Technik sowieso. Aber ich fand die Architektur toll und die Inhalte liegen auf der Hand und werden nirgends sonst so gut dargestellt. Und das Museumsteam dort ist großartig und war sogar in meinen bescheidenen Hallen im vergangenen Jahr zu Gast. Bezüglich Ihrer Netzaktivitäten gehören sie zu denjenigen, die super schnell in den Sozialen Netzwerken reagieren (Ich brauche manchmal länger. ?) Sie agieren und reagieren super souverän.

      Bezüglich Vermittlung bin ich einfach ein Dinosaurier, was mich selbst betrifft. Was Kinder angeht – tja… vermutlich auch. ? Dafür schlägt mein Herz vielleicht doch zu sehr für die Erziehungswissenschaften und das Lehrer-Dasein (irgendwann hab ich mal so etwas studiert, hab ich über mich gelesen…)

  5. Ich finde das mit dem Fragenkatalog eine ganz hervorragende Idee, die ich mir gern klauen würde. Zu oft nämlich fehlen mir die ausführlichen Worte, die Du ja dennoch angefügt hast. Ich schreibe zum Beispiel nicht gerne, wenn mir eine Ausstellung nicht gefallen hat, das heißt, ich schreibe dann gar nicht darüber, was aber auch unfair ist, so aber wäre das einigermaßen neutral möglich. Danke Dir daher dafür!

    • Liebe Juna,
      mir fällt es auch nicht immer leicht über alle Museen zu schreiben und es gibt tatsächlich einige, über die ich nicht schreibe, obwohl ich sie besucht habe! Zum einen weil ich mich vor Ort aufgeregt habe, zum anderen weil ich meine Zeit nicht mit Aufregung verschwenden will.

      In diesem Fall hier habe ich mit wirklich vielen Leuten über das Museum diskutiert und mir andere Meinungen eingeholt, sodass ich mir letzendlich ein paar Kernfragen selbst stellen musste.
      Diesen Beitrag habe ich tatsächlich 5 oder 6 Mal begonnen. ? Und ich war letzendlich nie zufrieden, weil es nicht das darstellte, was ich sagen wollte. Vermutlich ist jetzt immer noch nicht alles gesagt, aber so habe ich zentrale Fragen für mich beantwortet. Viel Spaß bei deinen eigenen Interviews ?
      Ich bin gespannt, welche Du so besucht hast.

    • In der Tat echt klug gelöst, „entleihen“ für eigene Ausstellungsbesuche finde ich auch richtig. Mir ergeht es wie euch beiden, fühle ich mich nicht wohl, schreibe ich nicht über das Museum. Ein anderer Faktor ist fehlende Zeit.

      Ich glaube mich zu erinnern, dass Tine Nowak früher auch mal ganz ähnlich verfuhr. Sie vereinte auch beides positiv wie negativ.

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