#artbookfriday | Buntland

Heute hat es zur Abwechslung mal kein klassisches Artbook auf meinen Blog geschafft, sondern ein Buch, welches ich vermutlich nie gelesen hätte, wenn ich den Autoren nicht zufällig im Zug kennengelernt hätte. Auf dem Rückweg der Frankfurter Buchmesse saßen mir gleich zwei Autoren im Bordrestaurant gegenüber und jeder, der mich (persönlich) kennt, weiß wie oft und gern ich Zug fahre, aber das war mit Abstand die schönste und kurzweiligste Zugfahrt seit langem.

Während ich da saß und eigentlich bloggen wollte, kamen wir drei ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass mir Oliver Lück gegenüber saß. Ein gar nicht so unbekannter Autor, der just an jenem Tag auf der Messe aus seinem neuen Buch „Buntland“ gelesen hatte. Sein Leseexemplar lag auf unserem Tisch und ich fand das Cover schon richtig toll. Während der nächsten drei Stunden durfte ich sehr viel über diesen Autor erfahren. Man merkte sofort, dass er sich für Menschen interessiert, weltoffen ist, schnell ins Gespräch kommt, aber ebenso gut zuhören kann. Er ist ein Geschichtensammler par excellence. In dem Buch „Buntland“ stellt er 16 (Lebens-)Geschichten aus 16 Bundesländern vor. Jede Geschichte berührte mich. Denn selten reisen Menschen ohne Gepäck durch ihr Leben oder: jeder hat sein Päckchen zu tragen. Das tun diese 16 Menschen auf die ein oder andere Art mit Sicherheit. Aber aus jeder einzelnen Geschichte kann man etwas lernen, sie zeigen Kämpfer, die sich vom Leben nicht unterkriegen lassen und letztendlich doch irgendwie etwas Positives daraus ziehen.

Buntland von Oliver Lück

Besonders hängen geblieben ist bei mir die Geschichte von Frank. Die Geschichte seines Lebens reicht auch für fünf Leben, aber das trifft irgendwie auf die meisten Geschichten und Menschen zu, die Oliver Lück getroffen hat. Frank ist… Frank leistet… Frank… tja, was oder wer ist Frank eigentlich? Vielleicht könnte man sagen, dass er der Widerstand in Person ist. In der Lesung stellte Oliver Lück stark das Leben von Frank in der Raußmühle in den Vordergrund, ein wunderbarer verwunschener Rückzugsort zwischen all der Industrialisierung und Gleichmachung in der Natur. Frank kämpft für dieses wilde und wunderschöne Kleinod, welches 1334 erstmalig erwähnt wird. Diese dreiflügelige Anlage beherbergt auch ein Museum; falls das Gebäude nicht schon Museum genug ist, findet man dort die größte Mausefallensammlung. Lück beschreibt in seinem Buch sehr anschaulich, das man dort alle erdenklichen Arten des Tötens anhand von Mausefallen kennenlernen kann. Aber in den unzähligen Räumen findet man auch tausende von Büchern. Frank kämpft gegen das Vergessen.
Natürlich fand ich es fantastisch, auf diese Art ein neues Museum kennenzulernen, welches ich nun auch zu gern besuchen würde, aber ich stellte fest, dass ich die jüngeren Jahre von Frank doch viel interessanter, aufregender, bewegter und mitreißender fand. Sie fesseln den Leser (ich nehme jetzt nichts vorweg), lassen die Stirn runzeln, regen zum Nachdenken an. Denn was in den 70ern und 80ern in Deutschland politisch passiert ist, weiß ich nur rudimentär, aber wirklich nachvollziehen kann ich all das, was rund um die RAF passiert ist, nicht. Kleiner Spoiler an dieser Stelle.

Und so sind viele Lebensgeschichten: überraschend! Nimmt man sich die Zeit und hört tatsächlich genau zu, erfährt man viel über andere Menschen. Lück gehört zum Glück dazu, er nimmt sich diese Zeit und schreibt die Geschichten anderer nieder. In gewisser Weise wird er dadurch zum Gedächtnis und viele Geschichten werden tradiert. Es ist gut zu wissen, dass nicht alle Lebensgeschichten irgendwann verschwinden, sondern irgendwo festgehalten sind.

Alle reden immer vom Storytelling, bei Oliver Lück bekommt man eine Ahnung davon, wie viel Arbeit dahinter steckt. Es war mir eine Freude, diesen Autoren kennengelernt zu haben und empfehle jedem eine Lesung bei ihm. Durch meine Zeit im Literaturhaus konnte ich so manch einer Lesung lauschen, aber allein der Stimme von Lück zuzuhören macht unglaublich Spaß. Ich habe mich während der Lesung gefragt, wie viele Hörbücher er wohl gesprochen oder Filme synchronisiert hat. Eine sehr angehme Stimme, mit einem fantastischen Farbklang, er kann damit grandios spielen und nimmt den Zuhörer mit auf Lücks Reise, eine Reise der Begegnungen.

Falls ihr euch fragt, wann ich das Buch gelesen habe, es war in der S-Bahn, jeden morgen und jeden Nachmittag eine Geschichte und keine zwei Wochen später hatte ich das Buch durchgelesen.

Mein Fazit: Ein Buch, das dem alltäglichen Pessimismus Widerstand leistet! Es sind schöne Geschichten, die dem Leben etwas Wunderbares abgewinnen. Der Titel des Buches ist perfekt, wir alle und unsere Leben sind bunt! Absoluter Lesetipp! Außerdem sollte man viel häufiger Lesungen besuchen, den Autoren direkt Bücher abkaufen, sie signieren lassen und den Schreibern auch mal lauschen. (Nun hab ich zumindest ein Weihnachtsgeschenk gefunden, ein signiertes Exemplar für einen ganz lieben Menschen.)

Mein eigenes signiertes Exemplar ❤

PS: Lieber Oliver, entschuldige, dass ich zu spät zur Lesung kam. Wie peinlich! Aber die Geschichte hat mit einem Auto, einer leeren Batterie und meiner Dummheit zu tun. Also eine andere Geschichte… 😉

#Titel | Buntland

#Autor | Oliver Lück

#Verlag | rororo

#Sprache | Deutsch

#ISBN | 978-3-499-63350-8

#Seiten | 256

3 Kommentare zu “#artbookfriday | Buntland

  1. Ich danke euch ? Und auf bald in Kiel und Harburg!! Olli

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