#maitagung 2015: Von guten und bösen Fragen

Die MAI-Tagung war mal wieder Inspiration pur! In diesem Jahr fand sie in der DASA in Dortmund statt. Zwei Tage lang hörten wir uns Vorträge an. Das Programm war unglaublich dicht, sodass mir am zweiten Tag bereits mein Kopf schwirrte.

Warum eigentlich MAI-Tagung?
Die Antwort ist ganz einfach „Museums And Internet“, also eine absolute „muss“-Veranstaltung für mich. Im Internet waren wir zwei Tage Trending Topic unter dem Hashtag #maitagung.

Worum ging es?
Es gab verschiedene Themenblöcke: Indoor-Apps, den Außenraum erschließen, digitaltes Kuratieren, Museumspädagogik 2.0, digitales dokumentieren, Marketing-Online, Partizipation und Social Media.
Dabei verschwimmen oft die Grenzen und die Themen fließen von dem einen Feld ins andere über. Die Trennung im digitalen Raum ist nicht immer trennscharf. Aber das macht es ja spannend und interessant.

Was hat fasziniert?
Über den ersten Tag hat Anke bereits einen wunderbaren Blogbeitrag geschrieben, darum gehe ich mehr auf den zweiten Tag, da dieser für mich inhaltlich relevanter und auch spannender war. Der zweite Tag begann mit der Präsentation von Dr. Chantal Eschenfelder zum Thema „Digitales Schlendern. Die cloudbasierte Exponatenplattform des Städel Museums“, ein absolut durchdachtes Konzept. Denn die digitale Sammlung ist nicht dazu da, mehr Besucher ins Museum zu locken, sondern um Menschen, eine neue Zugangsmöglichkeit zur Kunst zu ermöglichen. Smartphones werden beim Schlendern durch die virtuelle Welt nicht berücksichtig, konzipiert wurde dies für Tablets und Desktops. Dabei geht es nicht um eine Nachbildung des Museums, sondern um eine digitale Erweiterung und ein alternatives Angebot. Da das Städel nur 1% seiner Sammlung im Museum zeigen kann, soll der virtuelle Raum weitere Objekte zugänglich machen. Die Beta-Version umfasst momentan 600 Werke, 23.000 Nutzer haben darauf bereits zugegriffen. Bis Ende des Jahres sollen es 1500 Werke sein. Am Rande sei nur kurz erwähnt, dass jährlich ca. 450.000 Besucher das Museum besuchen, diese Zahl lässt sich kaum noch steigern.

Wie ihr merkt, das Städel hat fasziniert, aber mein Highlight-Themen-Block begann am Dienstag um 11.30 Uhr. Christian Henner-Fehr machte den Einstieg zum Thema „Der digitale Erlebnisraum“. Kurzerhand wurde den Teilnehmern gezeigt, was eigentlich noch alles möglich ist und das kaum ein Museum das digitale Potential nutzt. Theoretisch könnten die Besucher bereits am Bahnhof digital „abgeholt“ werden. Henner-Fehr zeigte anhand von Zahlen kurz die Vor- und Nachteile für die Appnutzung auf.

Ja, die meiste Nutzungszeit geht für Apps drauf, aber am Tag machen wir maximal von 10 bis 14 Apps Gebrauch. Stoff zum Nachdenken! Lohnen sich Apps für Museen überhaupt? Schafft man es überhaupt in die Top Ten? Für mich war es wieder ein Beleg, dass ich kein Fan Museumsapps bin. Die meisten sind mir viel zu groß (Datenspeicher ist ein Gut auf meinem Handy) und ich sehe für mich persönlich keinen Mehrwert. Ich liebe es im Museum zu sein und mir Originale anzusehen. Ich will und brauche keine App, lieber höre ich jemandem bei einer guten Führung durch Ausstellungsräume zu. (Eine kleine Ausnahme würde ich allerdings bei der App von Olafur Eliasson machen: „Your exhibiton guide“.)

Dann folgte der Vortrag, auf den ich wirklich gespannt war. „make your own mastermpiece“ hieß es bei Peter Gorgels, der über das Rijksstudio berichtet. Sätze wie „Die Kunst ist für alle da“ oder „Wir leben in einer Kultur der Bilder“ ließen mich dahinschmelzen. Pure Zustimmung von mir! Mehr kann ich gar nicht zu dem Vortrag sagen, außer:

1. Guckt Euch das Video an.

 

2. Besucht das digitale Rijksstudio 

 

Anschließend hieß es schon, dass es schwer für den nachfolgenden Redner wird. Aber ganz im Gegenteil. Linda Herrmann vom Freilichtmuseum am Kiekeberg hat mal locker lässig gezeigt, wie es auch ohne großes Budget geht. Alle stöhnen immer zu wenig Geld und keine finanziellen Mittel für das Marketing. Sie hat gezeigt, wie man als Nonprofit-Unternehmen trotzdem werben kann. Daumen hoch! Über AdWords Grants habe ich bereits im vergangenen Jahr hier berichtet.

Das #Martawird10 und legt mal eben eine wunderbare Social Media Strategie auf den Tisch: Blog, YouTube, Beteiligung aller Mitarbeiter und die Veränderungen, die virtuelle Tätigkeiten im analogen Verhalten verursachen können. Ein solides Konzept, das mich auf jeden Fall überzeugt hat. Spätestens bei der Social Media Wall im Museum bin ich ein wenig neidisch geworden.

Wie ihr lest, gab es wirklich einige spannende Projekte und ich habe jetzt nur einen winzigen Teil vorgestellt.

Was hat mich überrascht?
„Ich stelle jetzt mal eine böse Frage“, die Ansage einer bösen Frage hat mich überrascht. Gibt es böse Fragen? Damit meinte eine Teilnehmerin oder ein Teilnehmer, ich weiß es gar nicht mehr, wohl eine Frage zu stellen, die eventuell unangenehm sein könnte. Solche Fragen hört niemand gern und noch weniger will man sie beantworten. Aber gerade diese Fragen geben doch Aufschluss, ob Projekte erfolgreich waren oder missglückt sind.

Es hat mich gewundert, dass nicht viel mehr unangenehme Fragen gestellt wurden, denn bei vielen Projekten, die vorgestellt wurden, lief nicht alles rund. Stahlwände, die eine Verbindung zum W-Lan blockierten, Apps, die gar nicht mehr in den Stores vertreten sind, Projekte, die nur für den Desktop entwickelt wurden, oder Gelder, die in die Entwicklung einer App flossen, aber kein Budget fürs Marketing berücksichtigt wurde. Vermutlich könnte man diese Liste noch verlängern.

Ich finde es bedauerlich, dass nicht viel mehr über misslungene Projekte gesprochen wird. Klar ist dies erstmal unangnehm und keiner will über seine Misserfolge reden. Ganz zu schweigen von Steuergeldern, die eventuell verschwendet wurden. Mir sind die Gründe bewusst, warum man das nicht tut. Aber gerade aus Fehlern oder sagen wir vielleicht besser aus Erfahrungen lernen wir doch so viel!

Was ich mir wünsche?
Ich wünsche mir für die nächste MAI-Tagung eine moderierte Twitter-Wall. Der Catcontent war super! Aber was nützt eine Twitterwall, wenn sie nicht moderiert wird? Die Twitterati können selbst den Verlauf unter dem Hashtag #maitagung auf ihren Displays nachvollziehen. Oft treten aber im digitalen Raum Fragen auf, die leider nicht berücksichtigt werden.

Außerdem wünsche ich mir mehr Mut! Mut für ungewöhnliche Projekte, das Offenlegen von Zahlen (wie viele Downloads hatte eine App) und Mut zum Scheitern!

Wer hat’s geschafft?
Wer hat es bis zum Ende dieses unendlich langen Artikels geschafft? Wer will mehr Input? Wer will wissen, welche Themen noch relevant waren? Wer will wissen, wie es in der DASA aussieht?

Weiterer Lesestoff:
Anke: HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH MAITAGUNG
Michelle: Die MAI-Tagung 2015 – gute Ideen & einige Problematiken
Stadtmuseum Stuttgart: Das Dingens mit dem Internet
Stephanie Müller: Meine Highlights von der Maitagung 2015
Wera: Fotoblog zur DASA Dortmund
Eva Wesemann: Gute Künstler…Good Artists…
Historisches Museum Frankfurt: Alles neu macht die MAI?
Kulturmanagement Network: Auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Museums and the Internet 2015

Und die DASA?
Die DASA ist unglaublich groß, 13.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Spannende Themenfelder zur Arbeitswelt, Technik, über den Menschen und und und. Ich fand die Ausstellung sehr interessant! Mich hat der Bereich über den Menschen sehr fasziniert (Rücken, Bewegung etc.). Das Museum bietet unglaublich viele Mitmachstationen.

Abschließend:

HAPPY BIRTHDAY! Eine tolle 15. MAI-Tagung, ich freue mich schon sehr auf das kommende Jahr! Wie immer eine perfekte Organisation vom Team um/und Herrn Martini!

MAI-Tagung in der DASA Dortmund

0 Kommentare zu “#maitagung 2015: Von guten und bösen Fragen

  1. Pingback: ermenundengels.de ‒ der Digitale Denkmalpfad des LVR-Industriemuseums in Engelskirchen | Openmuseum

  2. Pingback: Alles neu macht die MAI? « Blog des Historischen Museums Frankfurt

  3. Pingback: Das Dingens mit dem Internet | blog Stadtmuseum Stuttgart

  4. danke für deine ausführlichen einblicke liebe wera; finde ich immer spannend. herzliche grüße aus münchen, daniela

    • Liebe Daniela,
      vielen Dank! Und ich gebe ja gern Einblicke in interessante Projekte. Es gab bei der MAI-Tagung leider dermaßen viel Input, sodass ich hier wirklich nur einen mini-micro-winzi Einblick geben konnte. Ich bin froh, dass die anderen Blogger, andere Themen aufgegriffen haben. Auf die Art bekommt man ansatzweise eine Vorstellung davon, was in den zwei Tagen in Dortmund bei der DASA vorgestellt wurde.
      LG, Wera

  5. Hallo Wera,
    So eine schöne Zusammenfassung und so viele spannende Projekte! Die Idee, gezielt auch einmal Misserfolge ins Zentrum zu rücken, fände ich klasse. Schließlich müssen nicht alle die gleichen teuren Fehler machen 😉
    Liebe Grüße
    Marlene

    • Liebe Marlene,

      ich finde die MAI-Tagung prima. Ich war zum dritten Mal da und jedes Jahr werden spannende neue Projekte vorgestellt. Die Tagung gibt einen wunderbaren Überblick, was in den deutschen Museen so entwickelt, getestet und umgesetzt wird.
      Vielleicht sehen wir uns im nächsten Jahr im MAI wieder! 🙂
      LG, Wera

      • Ja, vielleicht klappt es ja nächstes Jahr! Durch deinen Post hab ich erstmals den Namen MAI richtig verstanden 😉 Du machst ja regelrechtes Tagungs-Hopping, oder? Ich folge dann immer deinen Berichten, wenn ich selbst keine Zeit hatte!
        Liebe Grüße!
        Marlene

        • Ja, momentan ist das echt schlimm mit den Tagungen. Die liegen alle im Frühjahr. Auf Dauer tatsächlich ein wenig anstrengend, aber sie lohnen sich.

          • Dann sollte das eventuelle Startcamp HH auf jeden Fall im Herbst stattfinden – das Wetter ist doch dann das gleiche wie im Frühling 😛

          • Ja, darauf wird es wohl hinaus laufen…. ?

  6. Pingback: Meine Highlights von der Maitagung 2015 | Redaktion und Lektorat

  7. Liebe Wera,

    ich verfolge alle Berichte über die Tagung aufmerksam – so wie ich auch bei Twitter neugierig mitgelesen habe. Danke an dich (und die anderen online so kommunikativen TeilnehmerInnen) für den Zugang zu den Tagungsinhalten. So gerne wäre ich dabei gewesen!
    Schade – du sprichst es auch an – dass so zurückhaltend mit „harten Fakten“ umgegangen wird: Download-Zahlen von Apps, Reichweite von Social Media, Besucher und Aufenthaltsdauer bei Onlineauftritten. Das wäre wirklich spannend, aber leider werden oft nur „Erfolgszahlen“ genannt.
    Ich kann Anke verstehen mit dem Ansatz „don’t tell me problems, tell me solutions“ – aber wenn man zu dem einen steht, kann man das andere zielgerichteter mit anderen teilen, finde ich…

    Vielleicht traut sich ja jemand nächstes Jahr… 😉

    Viele Grüße
    Angelika

    • Liebe Angelika,

      bezüglich der harten Fakten finde ich es auch sehr schade, dass damit nicht offensiver umgegangen wird. Ich kann es nachvollziehen, dass man immer ein wenig zögerlich ist. Die Angst, schlecht da zustehen, ist immer wieder groß. Man will sich nicht blamieren. Man könnte ja auch von „Betriebsinterna“ reden. Aber gerade Zahlen bieten einen hervorragenden Vergleich. Besucherzahlen werden ja auch öffentlich genannt, warum nicht Besucher der Webseite und Besucher von Apps. Ich glaube, einige Themen benötigen noch Zeit. 😉

      LG, Wera

  8. Liebe Wera,
    danke dir sehr für den Einblick in den zweiten Tag der Mai-Tagung. Ja, du hast völlig recht, von gescheiterten Projekten lernt man unglaublich viel. Es ist allerdings nicht so ganz einfach, positive Lehren aus dem Scheitern zu ziehen. Denn wie ich immer gerne sage: don’t tell me problems, tell me solutions. Die Kulturbranche ist allzuoft von so einem unglaublichen Mangeldenken gebeutelt. Vielleicht sollte man da so ein Scheitern-Ding in einem „geschützteren“ Rahmen machen, als es bei einer Tagung der Fall wäre.

    Super ist es allemal, dass hier so viele verschiedene Facetten zusammengetragen wurden bei den Blog-Berichten zur Tagung. Und ich habe das Gefühl, dass die Mai-Tagung auch mehr und mehr in den sozialen Netzwerken angekommen ist. Da wird viel mitgelesen.

    Herzliche Grüße
    Anke

    • Liebe Anke,
      klar ist eine offene Tagung nicht der richtige Raum dafür. Aber so ein „Scheitern“-Ding im geschützten Raum wäre vielleicht mal ganz gut. Man muss ja auch nicht immer die gleichen Fehler machen.
      Ich bin auch mehr an Lösungen interessiert, wer ist das nicht. 😉
      Dass die MAI-Tagung nun vermehrt in den sozialen Netzwerken Resonanz findet, halte ich für sehr wichtig, zumal das Thema der Tagung eine optimale Vorlage bietet.
      Ich finde es super, dass unsere Artikel alle andere Aspekte beleuchten, jeder hatte ein anderes Thema, was er/sie besonders spannend oder „aufregend“ fand.
      LG, Wera

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