Stolz wie Oskar halte ich das Paket mit dem druckfrischen Katalog „OTTO PIENE LICHT“ in den Händen. Lichtkunst in einem Printmedium einzufangen, empfinde ich persönlich als äußerst schwierig. Ihr wisst, ich liebe die Werke von Olafur Eliasson, aber ich besitze keinen einzigen Katalog, weil sie mich schlicht nicht angesprochen haben.
Zurück zu Piene. Vor ein paar Wochen war ich erst in der ZERO Ausstellung in Berlin und saß völlig entzückt vor dem Lichtballett, des großen Lichtkünstlers (ich berichtete). Die liebe Michelle macht mich auf den neuen Piene Katalog aufmerksam. Natürlich ergriff ich sofort die Chance und orderte bei ihr ein Rezensionsexemplar. Mit Vorfreude holte ich heute endlich das Paket ab und packte vorsichtig den Hardcover-Katalog aus, zögerte kurz, ob ich wirklich die Folie aufreißen sollte, weil der Anblick des Bandes einfach schön war. Hier haben es die Fotografen wirklich geschafft, Lichtkunst einzufangen.
Aber das änderte nichts an der Tatsache, dass ich wissen wollte, was im Katalog steht. Schnellcheck des Inhaltsverzeichnisses:
Otto Piene – Licht
Wulf Herzogenrath
Licht, Rhythmus, Bewegung
Die Silberne Frequenz von Otto Piene
Hermann Arnhold
Playing the Unexpected
Otto Piene at de CAVS
Joachim Jäger in conversation with Elizabeth Goldring Piene
Die Kraft der Nuance
Das Raster im keramischen OEuvre des Otto Piene
Dirk Pörschmann
Das Licht tanzt!
Über Otto Pienes Lichtballette
Marijke Lukowicz
Natürlich stürzte ich mich sofort auf den Aufsatz „Das Licht tanzt!“ von Marijke Lukowicz. Zum einen weil ich Marijke kenne, zum anderen weil sie genau das thematisiert, was mich bereits in Berlin so sehr in den Bann gezogen hat: Lichtballette. Marijke zitiert Fontana, der auch in der ZERO Ausstellung vertreten war. Dieses Zitat von ihm möchte ich Euch nicht vorenthalten, weil es mich getroffen hat. Fontana sagte:
Der Mensch wird für festgelegte Bilder, denen es an jeder Lebendigkeit fehlt, immer unempfänglicher. Die früheren bewegungslosen Bilder genügen immer weniger den Bedürfnissen des neuen Menschen, weil er von der Notwendigkeit zu handeln und vom Leben mit der Technik geprägt ist, das ihn fortwährend zu einem dynamischen Verhalten zwingt.*
Dieser Satz hätte genauso gut aus diesem Jahr stammen können. Handlung, Dynamik, Bewegung – ich musste unweigerlich an Facebook und die wunderbaren Algorithmen denken (Facebook liebt ja seit neuestem Videos). Man könnte meinen, Fontana hätte einen Blick in die Zukunft geworfen, ins heute, ins jetzt. Ich fühle mich ertappt. Ja, es ist schwer, einem bewegungslosen Bild seine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Darin besteht wohl auch die große Herausforderung. Mich fasziniert die Bewegung, das Lichtspiel und die Interaktion mit der Umwelt.
Ich verbinde mit den Werken von Piene eine Leichtigkeit. Die Lichtspielereien an Häusern (besonders im Winter) heben mein Gemüt. Gute Laune verbreitet sich, sobald ich diese Kunstwerke erblicke. Ich schmunzelte auch während eines Telefonates, das ich diese Woche geführt habe: „Wera, eine Seite nur über Piene in unserer Tageszeitung! Das sind so tolle Bilder.“ Ich musste anschließend laut auflachen, ich habe mein näheres Umfeld definitiv angesteckt. Aber offensichtlich bewegen auch noch die gedruckten Bilder. Beruhigend! Das Cover des Kataloges finde ich sehr gelungen und macht neugierig.
Was bleibt mir zu sagen – ein wunderschöner Katalog vom KERBER Verlag, eine Ausstellung, die schon im Vorfeld begeistert („Otto Piene. Licht“ vom 13.6. bis 20.9.2015 im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster) und ein Künstler, vor dem ich mich verneige.
Otto Piene
Er wurde 1928 in Laasphe (NRW) geboren. 1957 – nach seinem Kunststudium an der Kunstakademie in Düsseldorf – gründete er zusammen mit Heinz Mack die Künstlergruppe ZERO. 2014 erhielt er den ersten Deutschen Lichtkunstpreis im Kunstmuseum Celle. Er starb im Juli 2014 in Berlin.
Es war mir wahrlich eine Ehre Otto Piene 2012 gegenüberzustehen und ihn fotografieren zu dürfen! Danke – an einen großen Lichtkünstler und Lichtvisionär!
Den Hardcover-Katalog gibt es direkt beim Kerber Verlag für 39,95 Euro.
Einen herzlichen Dank an Michelle, die Social Media Abteilung des Kerber Verlags und für das Rezensionsexemplar, das ich explizit angefordert habe.
*Enrique Benito u. a., „Weißes Manifest“, in: Lucio Fontana, hrsg. von Carla Schulz-Hoffmann, Ausst.-Kat. Staatsgalerie Moderner Kunst, München/Mathildenhöhe, Darmstadt, München 1983, S. 145.
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Ja, du hast dein Umfeld definitiv angesteckt mit der Leidenschaft für Otto Piene. Auch ich bin immer wieder begeistert von seinen Arbeiten. Die Fotos vom Katalog lassen gutes Erahnen, ich bin gespannt darauf ihn selbst in Händen halten zu können und nutzte die Gelegenheit mich vor einem der großen Künstler unserer Zeit zu verbeugen 🙂
Der Katalog fühlt sich definitiv gut an. Schönes Material! Ich freue mich schon richtig auf die Ausstellung in Münster. 🙂