#Filmtipp | Heinrich Vogeler. Aus dem Leben eines Träumers

Was verbindet Ihr mit Worpswede?
Da dies in erster Linie ein Kunst- und Kulturblog ist, liegt die Vermutung nahe: Künstlerdorf. Vollkommen richtig, jedoch ist meine aller erste Assoziation ein ganz tolles kleines Restaurant ;D, welches ich mal bei einer Fahrradtour dorthin entdeckt habe. Obwohl ich eine Zeitlang in Bremen gewohnt habe, sollte man meinen, ich kenne Worpswede aufgrund der Nähe zu Bremen und aufgrund meines Praktikums in den Museen Böttcherstraße. Aber ich muss Euch an dieser Stelle tatsächlich enttäuschen. Bislang habe ich kein einziges Museum in Worpswede gesehen, was ich vermutlich mal dringend nachholen sollte.

Aber welche Künstler assoziiert Ihr mit Worpswede? Natürlich habe ich ein paar Sachen über Worpswede gelesen, musste mich auch mit der Biografie von Paula Modersohn-Becker auseinandersetzen. Während meiner Zeit in Bremen konnte ich zum Glück zahlreiche Werke von Ihr in den Museen Böttcherstrasse gesehen, ebenso die wunderschönen Skulpturen von Bernhard Hoetger. Aber welche weiteren Künstlerinnen und Künstler fallen Euch noch ein? Otto Modersohn, Bernhard Hoetger, Rainer Maria Rilke oder doch Heinrich Vogeler? Auf Heinrich Vogeler lag jedoch nie mein Schwerpunkt. Wer ist eigentlich dieser Künstler? Ich weiß wohl, dass er auch zu eben jener Künstlergruppe in Worpswede gehörte. Sein „Barkenhoff“ ist für mich noch der gängigste Namen aus Worpswede. Bei den Eckdaten wie Geburtsort, Todesdatum, Familie oder gar sein künstlerisches Schaffen muss ich passen. Ich habe keinen blassen Schimmer. Daher bin ich sehr dankbar, dass ich vorab einen Film gucken durfte: „Heinrich Vogeler. Aus dem Leben eines Träumers“.

Die Filmbiografie kommt am 12. Mai in die Kinos! Aber ich finde, es ist mehr als eine Biografie, es ist eine Mischung aus Biografie, Film, künstlerischer Intervention. Ich mag diesen Film gar nicht keiner bestimmten Kategorie zuordnen, weil er auf seine faszinierende Art Grenzen sprengt.

Regisseurin dieses Werkes ist Marie Noëlle, die auch schon „Marie Curie“ und „Die Frau des Anarchisten“ verantwortet hat. Das mir wohl bekannteste Gesicht war das von Anna-Maria Mühe, eine außergewöhnliche Darstellerin. Sie verkörpert die erste Ehefrau Martha Vogeler. Beim Hauptdarsteller, Florian Lukas, musste ich schon länger überlegen, woher mir das Gesicht so bekannt vorkam. Natürlich, ich habe erst vor ein paar Wochen in dem Film „Absolute Giganten“ gesehen und auch dort brillierte er bereits. (Zwischen diesen beiden Filmen liegen 24 Jahre, da darf man mal kurz überlegen. 😉 )

Wer ist Heinrich Vogeler?

Ehrlich gesagt kannte ich die Biografie Vogelers bis zu diesem Film gar nicht. Somit hatte ich beim Schauen einige „Ahaaaaa“-Momente. Fasziniert hat mich, dass er mit seinen idyllischen Bildern so beliebt beim Bürgertum war und er anschließend so viele Wandlungen durchmachte. Er war im Krieg, Dissident, später im Exil. Und allein seine Beziehung zu Martha, wie sie einst seine Muse war und dann diese Ehe zerbrach – ein Leben, in Zeiten von Umbrüchen. Aber wofür steht seine Kunst? Ja, ich kenne einige seiner Werke, wie „Erster Sommer“(1902) oder „Am Heiderand“ (1900), aber ich habe mich nie näher mit dem Künstler auseinandergesetzt. Daher fand ich es sehr spannend, dass er politisch so aktiv und involviert war.

Johann Heinrich Vogeler: Erster Sommer, abgebildete Person: Martha Vogeler, Öl auf Leinwand, 1902 (Quelle: Wikipedia)(Sammlung Kunsthalle Bremen)

Der Film zeigt natürlich nur Episoden seines Lebens, seiner Beziehung zu Marta, seine Kinder, dem Märchenhof hin zu seinem politischen Zentrum, einer Gemeinschaft, die Komplexbilder, die ich bis dato noch gar nicht kannte, seiner zweiten Frau, seinem Exil und seinem Tod in einer Kolchose in Kasachstan. Von einem idyllischen ja fast harmonischen Leben das sich zu etwas entwickelt, was ich kaum nachvollziehen und beschreiben kann.

Was kennzeichnet diesen Film?
Es ist ein Film mit bekannten Schauspielern, heißt es ist ein Spielfilm, aber regelmäßig unterbrochen mit Einwürfen von Historikern, Wissenschaftlern und Nachfahren. Gleichzeitig enthält dieser Film künstlerische Elemente, wenn Martha oder Anna-Maria Mühe (?) ein lebensgroßes Portrait auf Papier zerknüllt. Man versinkt also nicht in diesem Film, sondern wird als Betrachter immer wieder aufgerüttelt mit diesen verschiedenen Stilformen. Ein kurzes „Was war denn das jetzt? Was soll das?“ regt immer wieder zum Nachdenken an, so wie auch einige interessante Kommentare, die mich auch ein wenig ratlos hinterließen, wie ich nun Vogeler eigentlich finde bzw. wie ich zu diesem Künstler stehe? Ich muss sagen: Es ist schwierig. Ich würde gern mehr erfahren, bevor ich es wage, über so jemanden zu urteilen. Und kann und sollte man überhaupt urteilen? Schließlich kennt man ja nicht die Lebensumstände, die offenbar wirklich nicht einfach waren.

Ausstellungstipp:
Heinrich Vogeler. Der neue Mensch
27. März bis 6. November 2022
Barkenhoff, Große Kunstschau, Haus im Schluh, Worpsweder Kunsthalle
Worpswede – Die Museen

In ihrer großen Jubiläumsausstellung zum 150. Geburtstag Vogelers zeichnen die vier Worpsweder Museen den Weg des Künstlers vom erfolgsverwöhnten Jugendstilkünstler zu einem visionären Verfechter gesellschaftlichen Wandels nach. Deutlich wird dabei, dass Vogeler bereits lange vor dem Ersten Weltkrieg von der Idee angetrieben war, seine Kunst in den Dienst eines besseren Lebens zu stellen. Gleichzeitig sind seine ab 1918 auf dem Barkenhoff entwickelten politischen Ideale ein Vorgriff auf die Suche Vogelers nach dem ›Neuen Menschen‹ und einer ihm entsprechenden Gesellschaftsordnung, die seine letzten beiden Lebensjahrzehnte bestimmte.

Heinrich Vogeler. Aus dem Leben eines Träumers
Kinostart: 12. Mai 2022

Ein Film von Marie Noëlle
Eine Produktion von Kinescope Film
Mit Florian Lukas, Anna Maria Mühe, Johann Von Bülow, Alice Dwyer, Samuel Finzi, Uwe Preuss u.v.m.
In Koproduktion mit NDR/ARTE
Gefördert von nordmedia und Deutscher Filmförderfonds

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